Privatversichert 1. Klasse: Grundschulreife Leistung

Heute bin ich zufällig über das eBook

Privatversichert 1. Klasse: Die 8 wichtigsten Punkte, die Sie unbedingt beachten sollten, bevor Sie eine private Kranken-Versicherung abschließen

aus dem iBookstore gestolpert.

Bereits die Beschreibung lässt den Experten aufhorchen:

Sie werden nicht nur die allgemeinen Richtlinien und Gegebenheiten der privaten Krankenversicherungen kennenlernen sondern erhalten auch nützliche Informationen zum Thema Beiträge sparen und Prämien senken. Auch wenn die private Krankenversicherung oftmals um einiges günstiger ist als die gesetzliche Krankenversicherung, kann diese noch günstiger gestaltet werden. Zudem erhalten Sie einen Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten, die Ihnen zustehen, um Zuschüsse für Ihre private Krankenversicherung zu erhalten. Unabhängig davon, ob Sie Student, Arbeitnehmer, Selbständiger, Freiberufler, Künstler oder Arbeitsloser sind. Jeder Berufsgruppe stehen Zuschüsse für die private Krankenversicherung zur Verfügung, die auch Sie nutzen sollten. Erfahren Sie, was Ihnen zusteht, wie Sie die Zuschüsse erhalten und was dabei zu beachten ist. Darüber hinaus erhalten Sie nützliche Informationen, die mit Ihrer nächsten Steuererklärung in Verbindung stehen könnten. Denn auch die Beiträge in die private Krankenversicherung, ebenso wie notwendige Eigenanteile, können von der Steuer abgesetzt werden. Lernen Sie, was dabei zu beachten ist, was Ihnen zusteht und was genau abgesetzt werden kann.Hier erfahren Sie, mit welchen Mitteln Sie das für Ihre Bedürfnisse beste Versicherungsprodukt finden und auswählen können, welche Informationshilfen Ihnen im Internet zur Verfügung stehen und was genau diese Ihnen bringen können. Sie erhalten also nicht nur ein ausführliches Buch, das Ihnen den Weg in die private Krankenversicherung erleichtern soll, sondern zusätzlich Ratgeber, den Sie zur optimalen Informationseinholung nutzen können. Nutzen Sie diese Gelegenheit Ihrer Gesundheit zu Liebe.

Was soll ich dazu sagen? Nach den ersten paar Seiten wurden meine Zweifel bestätigt und ich habe mich regelrecht gefreut, dass es vorbei ist – sonst hätte ich fast geärgert.

Beispiel gefällig?

“Dabei sind die Kosten für eine Privatversicherung generell geringer als die für eine gesetzliche Krankenversicherung und dies, obwohl die Leistungen um ein Vielfaches besser sind. Doch um die Kosten weiterhin auf ein Minimum zu halten und dennoch ein Maximum aus den Leistungen herauszuholen, kommen auch die Privatversicherer nicht um eine Prüfung der Versicherungsantragssteller herum.”

Das ist gefährlicher Unsinn, der verrufener Strukkivertriebe ala MEG AG würdig ist. Alleine in diesen zwei Sätzen sind etliche Falschaussagen versteckt.

1. Generell kann man bei Krankenversicherung eigentlich ganz wenig sagen. Schon gar nichts über Kosten! In der GKV bezahlt man Beiträge abhängig vom Einkommen, es gibt die Familienversicherung und weitere Besonderheiten zB für Studenten oder Arbeitslose. Da über generell geringere Kosten für die PKV zu sprechen, ist absolut falsch. Weitere Besonderheiten wie Umlageverfahren vs. Kapitaldeckung und Beiträge im Alter mal ganz außen vor gelassen…

2. Um ein “Vielfaches” besser sind die Leistungen einzelner PKVtarife in einzelnen Leistungsbereichen durchaus. Solche Pauschalaussagen sind allerdings angesichts vieler Hilfsmittelkataloge, Leistungen für Psychotherapie und anderen existenzbedrohenden Leistungslücken mancher Tarife sowie Leistungen der GKV, die eine PKV gar nicht bieten kann, schlichtweg falsch.

3. Die Risikoprüfung ist dem Äquivalenzprinzip – der Grundlage einer jeden Versicherung – geschuldet. Vereinfacht ausgedrückt: Höheres Risiko bedarf einer höheren Prämie. Ferner gilt für substitutive Krankenversicherung – und eine solche ist die PKV – § 11 Abs. 2 VAG obwohl dieser eigentlich zur Lebensversicherung gehört:

Bei gleichen Voraussetzungen dürfen Prämien und Leistungen nur nach gleichen Grundsätzen bemessen werden.

Genau deshalb kann eine Versicherung auch nicht “das Maximum aus den Leistungen herausholen”- wobei man anzweifeln darf, ob das besagte Maximum für die Versicherungsgesellschaft das Gleiche wie für die Versicherten bedeutet und deshalb wirklich erstrebenswert ist – denn jeder Versicherungsnehmer hat im jeweiligen Tarif den gesetzlichen Anspruch auf die gleichen Leistungen wie jedes andere Mitglied des Kollektivs. Eine Erhöhung der Leistungen setzt eine Änderung der Versicherungsbedingungen voraus und das ist bei bestehenden Tarifen überaus kompliziert.

Ich bin beileibe kein Fan der GKV, aber sowas geht einfach nicht. Wollte ich alle Falschaussagen der paar Seiten widerlegen, müsste ich selbst ein Buch schreiben und das hat noch Zeit. Oder besser gesagt: MIR fehlt aktuell die Zeit, um ehrlich zu sein… ^^

Bei der Recherche zu der Autorin Gudrun Hinrichs stellte ich überraschenderweise fest, dass sie Hausverwalterin in Oldenburg ist. Unter Referenzen steht “Versicherungsfachfrau IHK”, aber eine Eintragung im Vermittlerregister besteht nicht:

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Wie es dazu kam, dass die gute Dame ein Buch zu PKV schreibt, wird wohl ein Geheimnis bleiben.

Wenn ein Vermittler/Berater auch nur eine der o.g. Aussagen während der Kundenberatung und/oder bei der Beratungsdokumentation verwenden würde, müsste er wohl mit ziemlicher Sicherheit seiner Vermögensschadenhaftpflicht im Laufe der nächsten Jahre ein paar Schadensfälle melden.

Aber für Autoren, Journalisten, Verbraucherzentralen und Politiker gibt’s ja bekanntlich keine Haftung…

Mit schmunzelnden Grüßen,
Wladimir Simonov

Was meinen Sie dazu?