Muss man der Versicherung melden, wenn nebenan ein Bordell aufmacht?

Was interessiert es die Versicherung, welchen Geschäften Ihr Nachbar nachgeht? Außer sie planen eine Lustreise, würde man meinen – doch falsch gedacht. Es besteht eine Obliegenheit, dem Versicherer zeitnah alle gefahrerhöhenden Umstände anzuzeigen. Hierzu gehören auch als feuergefährlich definierte Betriebe im Gebäude oder der Nachbarschaft.

Hier steckt der Teufel im Detail. Während die Definition der “Nachbarschaft” meistens in den Versicherungsbedingungen steht, fehlt es fast immer komplett an einer Liste von “gefahrerhöhenden Umständen” und wenn Beispiele genannt sind, dann in den seltensten Fällen abschließend.

Versicherungskammer Bayern schreibt bspw. in ihren “Allgemeinen Sachversicherungsbedingungen für Gewerbe / Freie Berufe (ASVG 2006)“:

A. Leerstand ist immer eine Gefahrerhöhung
B. Betriebsänderungen, Nutzungsänderungen oder Baumaßnahmen am Versicherungsort sind Gefahrerhöhungen

So oder so ähnlich steht es in den meisten Versicherungsbedingungen. Den Kunden (und Vermittlern) ist oft nicht klar, was das heißt. JEDE Änderung der Betriebe am Versicherungsort (= gleiches Gebäude, gleiche Anschrift, gleiches Grundstück) MUSS gemeldet werden. Während bei einer Änderung von Steuerbüro auf Anwaltsbüro keine Konsequenzen drohen, wird’s spannend wenn ein als feuergefährlich oder sonst gefahrerhöhend geltender Betrieb wie zB ein Bordell einzieht.

Ein Schadensbeispiel:

In einer älteren Lagerhalle am Stadtrand befindet sich ein Outlet für Bekleidung. Nach Jahren von Leerstand zieht im 1. Stock ein Live-Club ein, der regelmäßig Rock- und Punkkonzerte veranstaltet. Durch einen Kurzschluß bei der Lichtanlage entwickelt sich ein Feuer und das ganze Gebäude brennt nieder.
Schaden an der Lagerhalle: 500.000e
Schaden am Inventar und Vorräten: 350.000e

Welche Betriebe sind denn gefahrerhöhend?

Diese Liste würde ellenlang werden und niemals vollständig sein, denn jeder Versicherer kann individuelle Risiken in seinen hauseigenen Annahmerichtlinien definieren. Hier ist ein unvollständiges Verzeichnis von Betrieben, die unserer Erfahrung nach MEISTENS als gefahrerhöhend gelten:

  • Asylheim
  • Autowerkstatt
  • Bar
  • Betriebe in Insolvenz
  • Casino
  • Bordell
  • Diskothek
  • Juwelier
  • Goldhandel
  • Holzhandel
  • Kunststoffverarbeitung
  • Lackiererei / Handel mit Farben & Lacken
  • Metallverarbeitung
  • Moschee
  • Obdachlosenunterkunft
  • Pfandhaus
  • Recycling
  • Schreinerei
  • Sägewerk
  • Spielhalle
  • Stripclub
  • Synagoge
  • Tabledance
  • Wettbüro

Was passiert, wenn Sie nichts melden und somit gegen Ihre Obliegenheiten verstoßen?

Nix – im Sinne von: Die Versicherung ist leistungsfrei. Sie bekommen keinen Cent.

Was sollten Sie tun?

  1. Lesen Sie aufmerksam Ihre Versicherungsbedingungen, besonders den Teil mit den Obliegenheiten vor und nach dem Schadensfall sowie die Ausführungen zu Gefahrerhöhungen
  2. Melden Sie fleißig alles Ihrem Versicherungsvermittler oder der Versicherungsgesellschaft
  3. Wählen Sie schon vorher eine Versicherungsgesellschaft, die die maximale Kürzung bei Obliegenheitsverletzung auf 20% begrenzt

Aktuell sind nur vier Gesellschaften bekannt, die diese wichtige Erweiterung vorbehaltlos UND ohne Aufpreis anbieten. Zwei davon verzichten bei Schäden bis 100.000e bzw. 50.000e auf diese Kürzung komplett.

Fordern Sie noch heute Informationen an!

Mit obliegenheitsfreien Empfehlungen,
Wladimir Simonov

Comments 2

  1. Da stellt sich natürlich die Frage, inwieweit der Versicherungsnehmer Inspektionspflichten hat. Denn üblicherweise steht bei einem Bordell nicht Bordell dran, sondern z.B. Massagestudio Magaly. Wenn ich nun als Versicherungsnehmer den Verdacht habe, es könnte sich um ein Bordell handeln: Muss ich da nachschauen? Werden mir branchenübliche Recherchekosten als Schadenminderungsaufwand ersetzt?

    1. Post
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      Man muss da wohl den Vermittler und den Sachbearbeiter zur Risikoanalyse hinzuziehen. Die Kosten werden über das Spesenkonto oder Gutachteraufwand abgerechnet 😉

Was meinen Sie dazu?